Blöd , wer da noch wegfährt
Also jetzt mal ehrlich.
Während ich hier an der Aufgabe sitze, den Klimawandel kritisch zu thematisieren – kommt der Zuruf vom Chef : „Hey Fried, schreib doch mal was über diesen fantastischen Sommer, da kann sich Italien ja noch eine Seite von abschneiden“- sprach´s – und ja – ich habe die Badehose und das Handtuch in seiner Tragetasche gesehen als er in den Feierabend verschwand.
Also was jetzt ? Während im Fernsehen die Talk-Runden über das Chaos auf deutschen Flughäfen diskutieren, und ich nun eigentlich an der Aufgabe sitze, Klimawandel und Reisechaos anzuprangern , ist es in Niedersachsen kurz vor 22.00 Uhr , die Sonne „himmelt“ noch ein wenig im Westen und das Thermometer zeigt knappe 29 Grad. Die „blaue Stunde“ beginnt in leichter Sommerkleidung…
Um ehrlich zu sein, bin ich darüber eigentlich gar nicht so traurig. Klimawandel hin oder her.
Ich fahre genau genommen schon seit drei, vier Jahren im Sommer nicht mehr der Sonne hinterher.
Warum auch? Italien ist doch hier… okay Spanien und Kroatien auch und in Griechenland ist´s mir dann doch zu heiß.
Obwohl neulich waren´s ja über 40 Grad im Emsland. Da war nix mehr mit „emsig“. Da war es doch eher moderat griechisch.
Viele Menschen sind diese Art von Sommer in Deutschland noch gar nicht so gewöhnt und buchen automatisch immer noch südliche Länder, „um ein wenig mehr Sonne zu haben“. Also die Wahrheit ist, Balkonien wäre günstiger, weniger nervig und mindestens ebenso sonnig .
Wir haben südeuropäische Verhältnisse !
Landwirte denken langsam mehr und mehr darüber nach, eventuell sich doch statt Mais auf Sonnenblumen zu spezialisieren.
Roberto, unser italienischer Eisladenbesitzer, hat so hohe Umsatzzuwächse, dass er – früher selbst im Juli eher mürrisch – jetzt den „Ragazzi“ schon mal eine Kugel umsonst ausgibt.
Restaurants mit Biergärten oder beschatteten Sonnenterrassen haben Hochkonjunktur: draußen Sitzen ist angesagt!
Auch bei motorisierten Menschen…. Cabrio oder besser noch Motorroller!
Ich habe meinen wieder rausgeholt. Und meine Handschuhe und meine „Ritterrüstung“ als Schutz gegen jede Art von Sturz. Ja was?
Ziehe ich nicht an! Nein, in Shorts und mit offenem, flatterndem Designoberhemd bin ich – ja, Helm wird natürlich aufgesetzt – unterwegs.
Ich mach doch gerade Italien-Urlaub in Niedersachsen.
Herrlich!
Naja und die schönen Wein-Abende. Wohl möglich mit den Nachbarn, die man vorher gar nicht so wahrgenommen hatte. Dieser Sommer öffnet einem die Seele, man möchte sich mitteilen, gemeinsam genießen.
Wir Deutsche bekommen endlich einen latinischen Einschlag. Toll!!
Ja , und — uuhhh — Ozon, Unwetter, Waldbrände, Krebs durch Sonne, Feinstaubglocken ? Ja, soll ich mich jetzt wie ein Maulwurf eingraben und mich an Wetter wie es normalerweise eher in südlichen Urlaubsländern vorkommt nicht freuen dürfen. Gespartes Co2 durch nicht Reisen rechnen wir gerne dagegen.
Ob allein mit dem Hund in der Feldmark beim Sonnenuntergang am Weizenfeld, oder im quirlig-städtischen Umfeld, im Straßencafe, am Weiher oder im Hinterhof. Gutes Wetter bringt einfach Freude. Erwachsenen , Kindern und Alten. Alle im „Italo-Umgang“ miteinander.
Das ist die Freude des Sommers, und der widmen wir diese Woche unsere Aufmerksamkeit
Und Carpo !
Wer sich auf einer Sommerwiese auf den Rücken legt und zwischen all den schönen Düften und Vogelsängen in den Himmel blinzelt… kann sie vielleicht entdecken, ansatzweise.
Sie ist die Sommerfee, und sie bringt Unbeschwertheit und Glückseligkeit, man sollte sich auf sie einlassen.
Der Herbst kommt früh genug!
Fried de Boers