(drink) Carmen Sauvignon Blanc Gran Reserva 2015, Vina Carmen, Leyda-Tal…
Das Corona C 19 Virus hat auch Chile aufgeschreckt. Die Menschen sollen auch hier zuhause
bleiben. Auch da, wo es eigentlich nicht not tut. In Mirasol, einer ländlichen, verschlafenen
Gemeinde am Pazifik.
Keine Gourmet-Touren mehr ins benachbarte Algarobbo. Der Strand mit weißrotem Flatterband
abgesperrt.
Und Wein?
Nur noch aus dem kleinen Supermarkt am Sandkreisel, 300 Meter von unserem Domizil entfernt. Der hat
eigentlich immer ein paar gute Landweine, also hin.
Hui, da steht ein Carmen aus dem recht nahen Leyda-Tal. Das liegt direkt im Anschluss an mein
geliebtes Casablancatal, von wo die besten chilenischen Weißweine kommen. Um die Ecke
sozusagen. Und mit fast ähnlichem Klima…
Gran Reserva, ein Sauvignon Blanc aus dem Jahr 2015. Na, ob er überhaupt noch gut ist? Aber
13,5% Alkoholgehalt, der kann also schon ein wenig liegen, obwohl er mit den Sauvignon Blancs
aus Deutschland oder Frankreich geschmacklich natürlich gar nichts mehr zu tun hat.
Also los… wir versuchen den mal.
Draußen am selbstgebauten Hardcore-Grill, das Kreuz des Südens schräg über mir, der Wein und ich. Ximena hat nur die Augen verdreht und hat sich mit einem Buch über argentinische Landhäuser ins Haus
zurückgezogen. Verräterin!
Der gut gekühlte Wein hat eine schöne grün-gelbliche Farbe, unser Bild täuscht da ein wenig. Auf den ersten Blick ist er noch gut.
Aber dann: eine Nase, die aufschreckt. Ist der Wein vielleicht doch gekippt oder was ist das für
ein intensiver Geruch. Der Wein duftet nach Kräutern, nach Heu, nach Kies und grünen Oliven.
Er riecht nach dem Leyda Tal… aber über allem liegt etwas…hmm.. erinnert an……konzentriertes
Spargelwasser ??!
Der erste Schluck bestätigt das Ganze. Der Spargelgeschmack ist überdeutlich, das grenzt schon
an „Fuhrberger Spargelzelt“ , aber dahinter!
Nicht so mein Ding, aber doch herausfordernd interessant. Ich habe noch nie einen solchen Weißwein getrunken.
Und dabei doch gezielt schon einige, die ihre Zeit weit überschritten hatten.
Mit den bei Chilenen durchaus auch bei Weißweinen üblichen 13.5 % Alkoholgehalt kann der Carmen wie
gesagt durchaus auch mal 5 Jahre liegen. Besser wird er wohl nicht mehr. Ich würde sagen, die
Kante ist leicht überschritten.
Aber ich muss zugeben: ich liebe es hin und wieder einen Weißwein zu probieren, der aufgrund seines Alters die Zähne zeigt. Den trinkt man nicht so weg, sondern „schmeckelt“ ihn mit einem/r guten
Weinfreund/in, verdreht die Augen und stößt Grunzlaute aus.
Also der Carmen Sauvignon Blanc 2015…. ich nehme mal einen davon mit nach Deutschland . Vielleicht kann ich meine weinkenntnisreichen Kollegen zu einer Fachsimpelei bewegen….
Aber erstmal schauen, ob sich morgen früh Kopfschmerzen einstellen und ich mich doch geirrt habe.
So ein schräges Ding!!
PS: Ne, ich habe dann doch nach zwei Gläsern aufgegeben und bin auf einen einfachen Landwein
umgestiegen.
Eigentlich würde ich gern nochmal rüber zur Vina Carmen fahren, um den neuen Sauvignon
Blanc zu probieren und den Ansatz zu finden…
Aber ich habe nach mehreren Storni wegen Corona nach Europa in zwei Tagen endlich einen Flug
gefunden, der mich über Spanien und England nach Hause bringt. Da gibt es 14 Tage
Quarantäne zuhause, also zuhause in Deutschland, worauf ich mich schon sehr freue.
Dank Corona ein blauer Himmel über Norddeutschland und ein ansatzweise blauer Fried auf der Terrasse.
Endlich wieder gute deutsche Weißweine testen.
Kreuz des Südens hin und her: bessere gibt´s einfach nicht.
Fried de Boers