Kolumbus landet in …Bolivien. Hochspannung!!
(media) Mit dem Spielfilm „Und dann der Regen“über die Entdeckung Amerikas setzt die vielfach ausgezeichnete spanische Regisseurin Iciar Bollain ihre Linie gesellschaftskritischer Werke fort.
Ein Film über die Produktion eines Filmes , mit dem es Bollain in spannender Weise gelingt, Realität und Fiktion und Gegenwart mit Vergangenheit zu überlagern.
Ein Filmteam um den Regisseur Sebastian ( Gael Garcia Bernal) und den Produzenten Costa (Luis Tosar) fliegen nach Bolivien, um paradoxer Weise dort die Ankunft Christoph Kolumbus auf der Insel La Espanola in diesem Land ohne Meeresküste zu drehen.
Costas Wille ist es, den Film mit möglichst wenig Mitteln und in möglichst kurzer Zeit fertigzustellen und er überzeugt den Regisseur davon , dass die Möglichkeit in Bolivien sehr kostengünstig mit vielen eingeborenen Statisten drehen zu können, wichtiger ist, als Bilder einer Meereslandung. Die könne man dann auch später noch hinzufügen.
Zentrum der Produktion ist Cochabamba, eine auf 2.500 m über dem Meeresspiegel liegende Großstadt von der man weiter in die etwa 160 Kilometer entfernten Regenwälder Chapares reist, um dort vor Ort die Ankunft Kolumbus zu drehen.
Die Probleme beginnen mit dem Casting für die Statisten. Viel zu viele Menschen haben sich gemeldet und protestieren gegen die für sie scheinbar willkürliche Auswahl des Teams. Führend dabei ist Daniel (Juan Carlos Aduviri), der mit leidenschaftlichem Einsatz schließlich eine ausgeglichene Auswahl von Statisten erkämpft, und der als „Führer“ der protestierenden Einheimischen vom Regisseur als „Hatuey“, eben auch als rebellischer Führers der Indios des fiktiven Films entdeckt wird.
Und damit beginnt diese spannende Überlappung von Wirklichkeit und Fiktion, das ist sehr intelligent und so einfühlsam gemacht, dass man als Zuschauer den Atem anhält und sich immer wieder in den Zeiten orientieren muss.
Zur gleichen Zeit vermehren sich in Cochabamba öffentliche Proteste gegen eine Erhöhung des Trinkwasserpreises. Das Unternehmen, dass sich die Wasserrechte für die Stadt erkauft hat, ist ein Konsortium aus der spanischen Abengoa und der us-amerikanischen Bechtel. Dieses Konsortium beschließt den Trinkwasserpreis um 500% zu erhöhen und erreicht bei der Regierung zudem ein Verbot private Brunnen zu bohren oder Regenwasser zu sammeln. Die Bevölkerung reagiert mit Demonstrationsmärschen, Blockaden und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die einen Toten und viele Verletzte hinterlassen.
Die Erzählung der Vergangenheit des fiktiven Spielfilms will die spanische Ausbeutung der eingeborenen Indianer festhalten, die Gier nach Gold, die Herrschaft und militärische Vormachtstellung, die zur Unterwerfung der Eingeborenen führt.
In der aktuellen Gegenwart des Film passiert Ähnliches.
Die Polizei versucht im Dienst des Profits einer Wasserfirma und einer korrupten Regierung die protestierenden Einwohner der Stadt zu bekämpfen und mundtot zu machen
Das Filmteam gerät zwischen Vergangenheit und Gegenwart und muss sich entscheiden…
Daniel, der in Sebastians Film den Rebellen „Hatuey“ spielt, führt in der Gegenwart auch die Demonstranten im „Wasserkrieg“ an.
Die parallel laufenden Geschichten kreuzen sich mit nicht vorhersehbaren Folgen.
„Und dann der Regen“ ist ein Film, der uns eine andere Realität zeigt, sowohl in sozialer als auch in geografischer Hinsicht. Ein Film, superspannend, der aber nicht nur unterhalten will, sondern dem Zuschauer auch anbietet, über die neuen Formen des modernen Kolonialismus zu reflektieren.
Der „Wasserkrieg“ hat – und jetzt gehen wir kurz aus der Filmrealität heraus – im Jahr 2000 tatsächlich stattgefunden, hat also auf dieser Ebene auch etwas dokumentarisches.
„Und dann der Regen“ ist eine unbedingte Empfehlung meinerseits.
Zu kaufen als DVD und auf Streamingdiensten.
Holger Né